K1: Nur nicht nachweisbar ist wirklich sicher!
10.30 bis 12.00 Uhr
Abgesehen von chirurgischen Tätigkeiten, die bestimmte Eingriffe mit Verletzungsrisiko beinhalten, spielt die Viruslast im Arbeitsleben keine Rolle: Eine Übertragung im Arbeitsalltag ist in keinem Fall möglich, auch ohne Therapie nicht. Trotzdem wird oft Bezug darauf genommen. Und auch bei medizinischen Eingriffen kann es keine Voraussetzung sein, dass eine aktuelle Viruslast von Patient*innen vorliegen muss, nur damit sich das medizinische Personal sicherer fühlt.
Führende Expert*innen aus aller Welt sind sich einig: Medikamente unterdrücken HIV im Körper und ermöglichen so ein langes, gutes Leben. Im Alltag kann HIV sowieso nicht übertragen werden. Unter erfolgreicher Therapie besteht überhaupt kein Risiko mehr – selbst beim Sex nicht. Außerdem kann man auf natürlichem Weg Eltern werden und Kinder bekommen.
Das, was als Befreiungsschlag für Menschen mit HIV seit einigen Jahren kommuniziert wird und von dem man sich erhoffte, dass es Stigmatisierung und Diskriminierung HIV-positiver Menschen reduzieren würde, erlebt heutzutage in beruflichen und medizinischen Kontexten eine Dynamik, die das Spiel mit der Angst in den Mittelpunkt stellt.
Position 1: Prof. Dr. Mark Oette | Krankenhaus der Augustinerinnen Köln
Es ist angemessen, Sicherheit und Ängste in den Mittelpunkt zu stellen und alle Eventualitäten eines möglichen Infektionsgeschehen auszuschließen, seien diese auch noch so unwahrscheinlich. Das gilt im beruflichen Kontext, bei verletzungsträchtigen Tätigkeiten und insbesondere im medizinischen Kontext. Hier muss die Sicherheit von Personal und Patient*in an allererster Stelle stehen. Und wenn Unsicherheiten und Ängste von Mitarbeitenden im beruflichen Kontext so minimiert werden können, ist die Viruslastbestimmung, die bei Menschen mit HIV unter Therapie eh alle drei Monate vorgenommen wird, zumutbar und bedeutet keinerlei Diskriminierung. Ferner ist es aus medizinischer und therapeutischer Sicht durchaus mehr als sinnvoll, dass bei medizinischen Eingriffen, der HIV-Status, Informationen zur aktuellen Therapie und die Viruslast mitgeteilt werden.
Position 2: PD Dr. Christoph Boesecke | Uniklinik Bonn
Es ist irrelevant, ob Menschen mit HIV unter der Nachweisgrenze sind, was das Infektionsgeschehen im beruflichen oder medizinischen Kontext anbetrifft. Hier ist weder ein HIV-Test noch eine aktuelle PCR erforderlich, um festzustellen, ob Menschen mit HIV einen Beruf ausüben können oder damit sich medizinisches Fachpersonal möglicherweise sicherer fühlt, wenn es weiß, dass die Patent*innen unter der Nachweisgrenze liegen. Herkömmliche Schutzmaßnahmen zur Infektionsprophylaxe reichen im medizinischen Kontext völlig aus. Ferner hab die Fragen nach der Viruslast, Therapie und HIV-Status sowohl im medizinischen als auch im beruflichen Kontext ein erhebliches Diskriminierungspotenzial:
Talkrunde:
Sandra Dybowski | Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW
Alexandra Frings | XXelle PLUS
Stephan Gellrich | Köln
Dr. Sinje Trippe-Frey | Zahnärztekammer Nordrhein